Aufgabenstellung

dpa - 13. Juli 2001 - von Ingo Senft-Werner
Schwerelos in der Intimtasche - Studenten entwerfen Weltraumhotels

Darmstadt (dpa) Ob Qualle oder Pilz - die Natur steht Pate bei den meisten Entwürfen für ein Weltraumhotel, die am Donnerstag in Darmstadt präsentiert wurden. Rund 50 Architekturstudenten der Technischen Universität haben sich in den vergangenen vier Monaten Gedanken über den Urlaub der Zukunft gemacht. Herausgekommen sind 20 Modelle und eine Vielzahl guter Einfälle.

Die Idee für den Wettbewerb stammt von der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR) in Bremen. "Wir werden in diesem Jahrtausend Urlaub im All verbringen und dafür wollten wir jetzt die Visionen anstoßen", erläutert Rachid Amekrane vom DGLR. In 20 bis 30 Jahren laufen seiner Meinung nach die ersten Vorbereitungen für die Space-Holidays. Diese lange Planungszeit hat die Studenten nicht abgeschreckt. "Der Weltraum bietet so viele Möglichkeiten für die Gestaltung", zeigt sich Studentin Nina Steigerwald begeistert.

Die Konzepte für das 200 Betten-Space-Hotel überzeugen fast alle. "Slow floation" haben Nina Steigerwald und Rene Müller ihre transparente Kugel getauft, in deren Innern ein "Pilz" wuchert. "Wir wollen bei unseren Gästen das Gefühl der Schwerelosigkeit verstärken, indem wir weiche Formen zum Entlanghangeln entwickelt haben." Für Paare stehen "Intimtaschen" für ein schwerloses Zusammensein bereit.

Eine ganze Weltraumstadt haben Stefan Böhm und seine Freunde konzipiert. Bei "space online" können Wohnwaben an einer Kette aufgereiht werden bis zu einer Länge von 500 Kilometern. Der Vorteil: Je weiter die Wabe von der Mitte entfernt ist, desto stärker wirken Gravitationskräfte. "Die Gäste fühlen sich zwar noch schwerelos, aber die Gegenstände fliegen nicht mehr durch die Luft", erklärt Böhm.

Jeder Entwurf bietet überraschende Lösungen: Daniel Faust vermietet die 70 Schlafkugeln in "motion" jeweils an drei verschiedene Gäste, um Kosten zu sparen. Während die einen schlafen, amüsieren sich die anderen im beweglichen Vor- und Nachmittagsareal. Ein anderes Modell sieht Windkanäle vor, in denen die Besucher fliegen können. Gerrit Baumann wiederum möchte, dass die Besucher seines Quallen-Hotels "Medusalem" an der Space-Bar die Schönheit der Erde genießen.

Die Ideen sind keineswegs Luftgespinste. Sie könnten mit einigen Abstrichen realisiert werden. Von der Solarenergie bis zur Abfallbeseitigung, von der Gravitation bis zur Rettungskapsel haben die Studierenden alles durchdacht. In mehreren Vorträgen haben die Fachleute der Raumfahrtgesellschaft das notwendige Know-how geliefert.

"Mit diesen Entwürfen haben wir die größte Sammlung an Ideen für Weltraumhotels", sagt Amekrane stolz. Die Raumfahrtgesellschaft will weitere Wettbewerbe in Deutschland und Europa starten. Die jetzt vorgelegten Modelle werden am 19. September beim deutschen Luft- und Raumfahrtkongress in Hamburg ausgestellt und prämiert.

 

Nach dem ersten Weltraum-Touristen Denis Tito könnten in ferner Zukunft auch andere Menschen Urlaub im All machen. Die Hotels dafür haben Studierende der Technischen Universität (TU) Darmstadt bereits entworfen.

Völlig losgelöst von bisherigen Aufgabenstellungen haben 50 Architekturstudenten für einen Wettbewerb der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR) Lilienthal-Oberth getüftelt und gebastelt. Sie sollten Hotels in der Erdumlaufbahn für etwa 300 Gäste sowie 80 Techniker und Bedienstete entwerfen. Rund 20 000 Touristen pro Jahr, so die Vorgabe, würden in dem extraterrestrischen Urlaubsdomizil erwartet. Das Hotel sollte mit einer Solaranlage und mindestens vier Andockstationen für Transportsonden ausgestattet sein.

Mehr als 20 Entwürfe präsentierten die DGLR und die TU am Donnerstag in Darmstadt. Schwierigste Aufgabe neben den außergewöhnlichen technischen Bedingungen war für die Studenten das Phänomen der Schwerelosigkeit: Wie hilft man den Gästen im Spacehotel bei der Orientierung? Schafft man Boden, Wände und Decken wie auf der Erde? Wie bewirtet man Touristen im All und was tun, wenn die Weltraumkrankheit den Gast schachmatt setzt? Im Modell "slow floating", das der Struktur einer Blüte nachempfunden ist, mutiert das klassische Doppelzimmer zur kleinen Kapsel. So genannte Intimitätstaschen ermöglichen das ungestörte Zusammensein. Das Hotel "Nirvana" kreist mit Wohnzellen aus Restaurant und Entspannungsräumen auf der Umlaufbahn. Drei gläserne Fahrstühle hängen an der ypsilonförmigen Hauptstruktur.

 

Die physikalischen Grundprinzipien von Erdanziehung und Zentrifugalkraft hat sich das Modell "Space on line" zu Nutze gemacht, das von der DGLR als "technisch sehr realistisch" gelobt wurde. Die Räume sind wie an einer Perlenschnur aufgereiht, die in einem komplexen Seilsystem um die Erde rotieren. Jeder Besucher erhält eine Kugel, deren Innenraum von einer äußeren Versorgungsleitung mit Luft gefüllt wird. Eine feste Außenhülle schützt die Touristen vor Meteoriten. Ein elektronisches Informationssystem hilft den schwerelosen Gästen bei der Orientierung. Die Energie für das Spacehotel liefert unter anderem ein Solarsegel.

"Technologisch wären wir so weit, Hotels im Weltraum zu installieren", sagte Amekrane Raschid von der DGLR und verwies auf den Bau der Internationalen Raumstation ISS. Doch der Transport der Bauteile ins All sei viel zu teuer. Ganz zu schweigen von den Sicherheitsvorkehrungen, die für die Reise von Touristen in den Weltraum erforderlich seien.

Es gebe aber bereits Privatleute und Firmen, die sich mit der praktischen Umsetzung von Spacehotels befassten, sagte Raschid, darunter ein reicher Hotelier aus Las Vegas. Der Urlaub im Weltall sei eine Vision, aber keine Utopie, meint der 38-Jährige: "Allerdings werde ich den ersten Flug zum Spacehotel sicher nicht mehr erleben."

(Frankfurter Rundschau - Freitag, 13.Juli 2001 - von Katja Irle)

 

Wie eine überdimensionale Blüte, an deren knautschartigen Struktur sich Urlauber zwischen den Blattlagen entlang bewegen, ist das Weltraumhotel "slow floation" konzipiert. Die Gäste können sich in "Intimitätstaschen" - eine Art Schlafsack - zurückziehen oder zu Zweit in "Spontanitätsbällen" die Schwerelosigkeit erkunden, gewohnt wird in in eiförmigen Hotelzimmern, in "Parasiten".

"Wir wollten ein Konzept für den Aufenthalt in totaler Schwerelosigkeit umsetzen und dabei die Weltraumcharakteristiken Weite, Stille, das Schweben und die Dunkelheit architektonisch umsetzen", erläutert Nina Steigerwald das Modell. Zusammen mit Rene Müller hat sich die Architekturstudentin dabei an der Natur orientiert, "bis in die letzte Konsequenz", wie Dozent Rolf Eckstein lobt.

Urlaub im All - die Vision von Stanley Kubrick und Arthur Clark, die in ihrem Werk "2001: A Space Odyssey" ein visionäres Urlaubskonzept filmisch umsetzten, beschäftigte in den vergangenen 4 Monaten rund 50 Architekturstudenten der Technischen Universität Darmstadt. Ihre Vorstellungen von den Ferien der Zukunft stellten sie nun in zwanzig Konzeptionen der Öffentlichkeit vor.

Den Anreiz dafür lieferte die Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR) aus Bremen, die einen Studentenwettbewerb ausgeschrieben hatte. Die Arbeiten wurden interdisziplinär von verschiedenen Fachbereichen der TU, etwa von Materialwissenschaftlern und Bauingenieuren, sowie von Ingenieuren der Luft- und Raumfahrttechnik betreut. Auch wenn bislang Reiseveranstalter noch "keine Pläne für Pauschaltouristen in der Schublade haben", wie sich TUI-Sprecher Robin Zimmermann ausdrückt, bewegt das Thema "Urlaub im All" die Gemüter. Denn spätestens seit dem Ausflug von Dennis Tito scheint die Vision des schwerelosen Urlaubs greifbar nahe gerückt zu sein. Dieser Vorstellung nähern sich die Studenten auf ganz verschiedene Weise, einige lehnen sich an Prinzipien der Natur an.

 

So etwa das quallenartige Hotel "Medusalem", in dem sich die Besucher beim Betrachten der Erde auf sich selbst besinnen sollen. Die Technik dafür soll in diesem Fall übrigens die Antriebstechnologie des Trans Rapid liefern. Beim Modell "Nirvana" sollen sich Gäste langsam an die Schwerelosigkeit herantasten können, den Übergang bewusst erfahren. Je näher Besucher der Achse kommen, desto weniger ist die Schwerkraft zu spüren. "So kann jeder für sich entscheiden, wann Schluss ist", begründet Arnaud Ahlborn die Idee.

Stefan Böhm, Melanie Klaus und Frank Wallroth haben gleich eine ganze Weltraumstadt konzipiert. Bei der Erarbeitung des Modells " space on line" haben sie sich detailliert mit den physikalischen Gegebenheiten beschäftigt. "Wir haben eine sich selbst straffende Seilkonstruktion entwickelt, die sich Zentrifugalkräfte und Schwerkraft zunutze macht", erläutert Wallroth, "die Konstruktion kreist um die Erde." Besucher haben ihren Heimatplaneten also immer im Blick. Das soll zu einer Erweiterung des eigenen Horizonts führen: "Der gemeinsame Blick nach Hause löst bekannte Dimensionen auf, kleinstaatliches Denken wird verschwinden", zeigt sich Wallroth philosophisch.

Die drei Tüftler haben sich zudem mit Freizeitmöglichkeiten auseinandergesetzt: Austauschbare "Funktionspins", wie beispielweise Schwimmbad, Kino oder eine Bar könnten von Sponsoren realisiert und finanziert werden.

Am 19. September sollen die Modelle beim deutschen Luft- und Raumfahrtkongress in Hamburg ausgestellt und prämiert werden. Neugierige können ab kommenden Montag (16.) schon mal einen Blick ins Internet werfen [Anm.d.Verf.: hier].

(Darmstädter Echo - Freitag, 13.Juli 2001 - von Tanja Ronge)

Offenbach Post - Freitag, 13.Juli 2001 - (dpa)


FAZ
-  17. Juli 2001


Bild Zeitung - 13. Juli 2001


Bote vom Untermain
- 21. Juli 2001