Russland baut das erste Weltraum-Hotel (Datum: 2001-09-06)

Die "Mini Station 1" soll im Jahr 2004 einsatzbereit sein - Großes Panoramafenster für den Blick zur Erde

Von Anatol JohansenMoskau - Mit dem Sperrfeuer, das die Nasa zu Beginn dieses Jahres gegen den Start des ersten selbst zahlenden Weltraumtouristen Dennis Tito schoss, hat sie sich selbst keinen Gefallen getan. Denn jetzt geschieht genau das, was eigentlich verhindert werden sollte: die unter amerikanischer Leitung gebaute "Internationale Raumstation" ISS bekommt kommerzielle Konkurrenz.

Die russische Weltraumbehörde Rosaviakosmos, der führende russische Raumfahrtkonzern RSC Energia und die kommerzielle Mir Corp haben in dieser Woche ein Abkommen zum Bau, Start und Betrieb einer kleinen, rein kommerziellen Raumstation unterzeichnet. Damit, so ein Vertreter der Mir Corp, werde man künftig nicht mehr komplizierte, langwierige und schwierige internationale Übereinkünfte treffen müssen - wie noch bei Dennis Tito -, wenn man Touristen und andere kommerzielle Interessenten in den Weltraum transportieren will.

Noch in den achtziger Jahren hatte die Nasa ein ähnliches Projekt der amerikanischen Space Industries Inc. unter Leitung des früheren Astronauten Joe Allen zu Fall gebracht. Allen hatte die so genannte "Industrial Space Facility" (ISF) vorgeschlagen, die nach Funktion und Größe durchaus mit der so genannten "Mini Station 1" verglichen werden kann, die jetzt gebaut werden soll.

Die neue, kleine russische Station soll jetzt in etwa die Größe bekommen wie die früheren, russischen Saljut-Raumstationen, die noch vor der Mir in die Umlaufbahn gebracht worden waren. Sie ist für drei Personen ausgelegt, die für je etwa 20 Tage an Bord gehen können, soll etwa 100 Millionen Dollar kosten und schon 2004 den Betrieb aufnehmen. Dabei soll die "Mini Station 1" ein extra großes Fenster bekommen, um Panoramaausblicke auf die Erde und ins Weltall zu ermöglichen. 

Die Russen denken dabei daran, jeweils zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Bei jedem Start einer neuen Kosmonauten-Mannschaft zur "ISS" wird ein zahlender Gast mitgenommen. Jedoch noch vor Erreichen der "Internationalen Raumstation" legen die Kosmonauten und der Tourist an der "Mini Station 1" an und bleiben dort etwa 20 Tage. Danach fliegt man zusammen mit dem Touristen zur "ISS", die russische Mannschaft dort oben wird abgelöst und kehrt zusammen mit dem zivilen Weltraumbesucher zur Erde zurück.

Dabei steht das neue, kleine Weltraumhotel keineswegs nur Touristen zur Verfügung sondern auch Wissenschaftlern, Filmregisseuren und anderen Interessenten. Mir Corp hat auch schon Verhandlungen mit Eas, Nasa und anderen Weltraumorganisationen begonnen, die eventuell ebenfalls Interesse an der Nutzung der Station haben könnten. 

"Die ,ISS' gehört vielen Regierungen und ist für wissenschaftliche Experimente von absoluter Weltklasse ausgelegt", meint Senior Vice President von Mir Corp, Gert Weyers, "wir aber haben gezeigt, dass es eine ganz andere Art von Kunden gibt - Touristen, kommerziell arbeitende Wissenschaftler, Filmemacher oder jeden, der gesund ist und den Traum hat, ins Weltall zu fliegen. Genau dieses Marktsegment wird jetzt die ,Mini Station 1' abdecken."

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